Am International Parking Day am 18. September haben wir mit rund 8 Personen zwei Parkplätze vor dem Kunstmuseum belegt und darauf gefrühstückt. Dazu haben wir als pflichtbewusste Bürger auch zwei Parkbillette gelöst.
Nach kurzer Zeit tauchte die Polizei auf und verwies uns vom Platz. Ich fragte nach einer Rechtsbelehrung. Diese haben wir eben erhalten.
"Ich nehme Bezug auf Ihre Aktion vom Freitag, 18. September 2015, auf dem Parkplatz vor dem Kunstmuseum Winterthur. Auf Ihren Wunsch erläutere ich Ihnen noch einmal, weshalb Sie am Freitag aufgefordert wurden, Ihre Aktion abzubrechen.
Aktionen und Kundgebungen dieser Art können grundsätzlich auf öffentlichem Grund durchgeführt werden, sie bedürfen aber einer Bewilligung der Gewerbepolizei. Dazu ist vorgängig ein entsprechendes Gesuch an die Gewerbepolizei zu stellen, welches dann geprüft und - bei Vorliegen der Voraussetzungen - bewilligt wird. Das Durchführen einer solchen Aktion auf öffentlichem Grund ohne entsprechende Bewilligung ist daher unzulässig.
Neben dem Fehlen der Bewilligung wurde die Aktion zudem auf markierten und signalisieren Parkfeldern abgehalten, was ebenfalls nicht zulässig ist. Bei markierten und signalisierten Parkfeldern handelt es sich um öffentlichen Grund, der einem bestimmten Zweck, dem ruhenden Verkehr, gewidmet ist. Ihre Aktion hat gleich in zweierlei Hinsicht gegen diese Widmung verstossen, einerseits indem die Parkfelder zweckwidrig genutzt wurden, und anderseits indem Sie Dritte an der zweckkonformen Nutzung gehindert haben. Auch die Ausübung verfassungsmässiger Rechte berechtigt nicht zu einer derartigen Zweckentfremdung von Parkfeldern.
Schliesslich stellte die Aktion auf den Parkfeldern unmittelbar an der stark befahrenen Museumstrasse ein Sicherheitsrisiko dar, sowohl für interessierte Fussgänger wie auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer.
Das Vorgehen von Wm mbA Schmid war verhältnismässig und daher nicht zu beanstanden, zumal Ihnen genügend Zeit für die Freigabe der Parkfelder eingeräumt wurde und die Aktion für Sie keine weiteren Konsequenzen hatte."
Zusammengefasst sagen sie also, dass politische Aktionen generell bewilligungspflichtig sind, dass man Parkplätze nur zum Parkieren von Autos verwenden darf, dass dies Nötigung darstellt gegenüber weiteren Parkplatzsuchenden und dass es ein Sicherheitsproblem darstellt.
Es stimmt, dass politische Aktionen bewilligungspflichtig sind. Dies finde ich zwar schlecht, ist aber so. Nach allgemeiner Betrachtung ist eine solche Besetzung von einem Parkplatz eine Zweckentfremdung. Interessant wäre es aber zu wissen, wie denn rechtlich die Verwendung von Parkplätzen geregelt ist. Letztendlich berechtigt das Parkbillett zur Benützung des entsprechenden Raums in der entsprechenden Zeit. Das Argument der Sicherheit betrachte ich als nicht haltbar. Die Aktion war keinesfalls gefährlich für uns - Höchstens etwas ungesund, wegen der vielen Abgase.
Für mich stellt sich hier jedoch die Frage der Verhältnismässigkeit. Ist es ganz im Ernst eine Priorität der Polizei innerhalb von kurzer Zeit sicherzustellen, dass auf zwei Parkplätzen Automobile stehen anstatt 8 Menschen mit Stühlen, Tisch, Kaffee und Kuchen? Später kamen gleich noch zwei weitere Polizisten vorbei in zivil. Sind also zwei Parkplätze wichtiger als, als die Wahrnehmung von politischen Rechten (auch wenn an einem etwas aussergewöhnlichen Ort), sodass gleich vier Polizisten vorbeikommen müssen?
Meiner Meinung nach zeigt dies den Stellenwert des Automobils in unserer Gesellschaft. Ein Beispiel aus einem anderen Rechtsbereich:
Nach Arbeitsrecht ist es nicht gestattet Arbeitnehmer zu beschäftigen an Orten ohne genügen Tageslicht. Wie man an den zahlreichen Shops unter der Erde (z.B. Coop beim Bahnhof) feststellen kann, wird dieses Gesetz kaum umgesetzt. Beim Steuerzahlen oder bei vielen Bereichen des Wirtschaftens wird das Recht nicht eins zu eins hart umgesetzt. In gewissen Fällen ist das auch ok. In anderen eher nicht. Nur weil etwas rechtlich geregelt ist, bedeutet also nicht, dass die Polizei sofort einschreiten muss, bei einer entsprechenden Übertretung. Dies wäre ja auch kaum möglich betrachtet man die Regelungsdichte in der heutigen Gesellschaft.
Ich stelle also fest, dass wirtschaftliche Freiheiten höher gewichtet werden und von der staatlichen Gewalt eher Kulanz erfahren, als die Wahrnehmung von politischen Freiheiten. In dem angesprochenen Falle ist das nicht weiter schlimm. Die allgemeine Entwicklung in diese Richtung finde ich jedoch eher problematisch, denn leider gibt es hier noch viele weitere Beispiele - siehe Tanzdemo in Winterthur.
Im September 2012 trat ich als Präsident der Jungen Grünen Schweiz nach 4 Jahren Amtszeit zurück.
Seit April 2014 sitze ich im Zürcher Kantonsrat für die Grünen und bin in der Kommission für Planung und Bau (KPB).
Ich arbeite in der Forschung an organischen Sollarzellen und studiere Phot...